Harald Werner - Alles was links ist
 

Wo die Menschen wegziehen kommt die AfD

Eine aktuelle Untersuchung von infratest dimap kommt zu dem Ergebnis, dass die AfD ihre größten Gewinne in Landkreisen mit stark schrumpfenden Einwohnerzahlen einfährt. In Sachsen zum Beispiel kommen die Rechtspopulisten in Landkreisen mit wachsender Zahl  an Wahlberechtigten auf 16,8 Prozent, aber in stark schrumpfenden Wahlkreisen auf  28,5 Prozent. Nicht anders in Brandenburg, wo die AfD in Kreisen mit mehr Wahlberechtigten auf 17,1 Prozent kommt, in abgehängten Kreisen aber auf 25,4 Prozent. Interessanterweise zeigt sich dieser Zusammenhang nicht nur im Osten, sondern auch in Westdeutschland. Die Wahlerfolge der AfD steigen immer dort am stärksten, wo die Bevölkerungszahl abnimmt. Die gleiche Entwicklung beobachten seit langem schon Soziologen in den USA. Trump findet die größte Zustimmung in Regionen mit schrumpfenden Bevölkerungszahlen.

 

Eine schrumpfende Gemeinde verliert nach und nach ihre Infrastruktur. Die Bankfiliale macht dicht, danach die Gaststätte, der Bus kommt nicht mehr, bis zur nächsten Arztpraxis sind es 20 Kilometer, das Funkloch koppelt einen vom Handy ab und dann schließt auch noch der letzte Laden. Dass es ungezählten Gemeinden im Osten so geht, ist nicht unbekannt. Viel weniger bekannt sind die psychischen Folgen, denn nicht nur dass der Alltag unbequemer wird, er wird auch grauer. Denn Geschäfte, Bushaltestellen und erst recht natürlich Gaststätten, sind Orte wo man Leute trifft und das Neueste über die Nachbarn erfährt. So verdorrt nicht nur die Infrastruktur sondern mit ihr auch die Alltagskommunikation. Da mag man mit der Rente noch auskommen, doch das Soziale ist mehr als das Einkommen.

 

Das größte Problem aber ist, dass die jüngeren und qualifizierteren Einwohner wegziehen. Nicht nur weil es an geeigneten Arbeitsplätzen fehlt, sondern auch an Abwechslung. Nicht nur, dass dadurch der Altersdurchschnitt steigt, sondern auch die Familien kleiner werden. Die Kinder gehen verloren, die Zurückbleibenden vereinsamen und mit alledem auch, was gerade Linke ungern zitieren – die Heimat geht verloren oder sie wird einem fremd. Genau das aber ist es, was der Rechtspopulismus zu bedienen gelernt hat, nämlich Überfremdung in Fremdenfeindlichkeit zu verwandeln. Und das auch da wo weit und breit kein Asylbewerber zu finden ist.     

Harald Werner, 3.9.19


[angelegt/ aktualisiert am  03.09.2019]