Nicht die

Managergehälter

sind zu hoch, sondern die

Renditen

Insgesamt 56 deutsche Spitzenmanager bezogen 2006 Jahreseinkommen von mehr als einer Million Euro. Insgesamt waren das 218 Millionen oder vier Millionen pro Kopf.[1] Wobei sich ein großer Teil davon auf Erfolgsprämien, also auf Beteiligung am Konzerngewinn bezieht. Egal ob das nun viel oder wenig ist, die soziale Schieflage kommt nicht in der Höhe der Managergehälter zum Ausdruck. Sie spiegelt sich ausschließlich in den Bilanzen der von ihnen geleiteten Konzerne wider. So kassierte Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank, im vergangenen Jahr zwar 13,2 Millionen Euro, doch der Konzern selbst erzielte vor Steuern einen Gesamtertrag von 28.338 Millionen Euro, was einer Eigenkapitalrendite von 26,4 Prozent entspricht.[2] Und diese Größenordnung ist sehr viel erschreckender, als das Gehalt von Josef Ackermann.[3] Eine solche Rendite, die das Wachstum der Weltwirtschaft und erst recht das der Bundesrepublik um ein Vielfaches übertrifft, ist nur durch zügellose Ausplünderung ganzer Volkswirtschaften denkbar.

Man sieht nur die im Hellen, die im Dunkeln sieht man nicht

Wer sich über die unglaublichen Gehälter der Top-Manager aufregt, wie jetzt Merkel & Co, sich aber über die von ihnen erwirtschafteten Renditen ausschweigt, ist entweder absolut ahnungslos oder absolut unehrlich. CDU/CSU, SPD und Grüne haben seit über zwei Jahrzehnten eine Politik der staatlichen Reichtumspflege betrieben: Durch ihre Steuersenkungspolitik, mehr noch aber durch Deregulierung und Flexibilisierung der Wertschöpfung. Die Folge ist eine Stagnation der Masseneinkommen auf der einen und eine Explosion der Gewinn- und Vermögenseinkommen auf der anderen Seite. Deutschland zählt nach der jüngsten Erhebung des Finanzdienstleisters Merill Lynch inzwischen 800.000 Millionäre und das private Geldvermögen beträgt 3,7 Billionen Euro. Wobei nur vier Prozent der privaten Haushalte davon 1,3 Billionen besitzen, während 13,5 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben müssen. Die Superreichen sind zu einer Massenschicht geworden, die wie Blutegel an der Volkswirtschaft hängen und sich natürlich auch ihr Spitzenpersonal etwas kosten lassen. Aber was sind die 218 Millionen Euro, womit dieses Spitzenpersonal im vergangenen Jahr belohnt wurde, gegenüber den 75 Milliarden Euro Zinsen, die 2006 für das private Geldvermögen gezahlt wurden? Wozu erwähnt werden muss, dass 45 Milliarden davon aus dem Staatshaushalt stammen.

Falsche und richtige Alternativen

Die SPD möchte die Einkommen der Top-Manager begrenzen oder mindestens deren Abfindungen der Unternehmenssteuer unterwerfen. Das ist rechtlich kaum durchsetzbar und ändert obendrein wenig an der skandalösen Einkommensverteilung hierzulande. Die Managergehälter sind gewissermaßen nur die Schaumkrone auf der Jauche des überbordenden Reichtums, während der eigentliche Reichtum bei einer Beschränkung der Managergehälter ungeschoren bliebe. Bei einiger Ehrlichkeit müssten mindestens die SPD-Politiker zugeben, dass ihre Steuersenkungspolitik mehr soziale Ungerechtigkeit geschaffen hat, als die Explosion der Managergehälter.

Die Besteuerung der Spitzeneinkommen wurde unter Rot-Grün von 53 auf 42 Prozent zurückgefahren und der Körperschaftssteuersatz auf 25 Prozent. Allein 2002 und 2003 hat die Reform der Körperschaftssteuer den Unternehmen einen zusätzlichen Gewinn von mehr als 30 Milliarden Euro beschert. Diese Politik wird von der Großen Koalition fortgesetzt. Im kommenden Jahr wird sie den Unternehmen mindestens weitere fünf Milliarden Steuern schenken. Die seit Jahren nicht mehr erhobene Vermögenssteuer würde dem Staat nach Berechnungen der Memorandum-Gruppe jährliche Mehreinnahmen von 14 Milliarden Euro bringen.[4]

Vor dem Hintergrund einiger Dutzend Milliarden Euro, die sowohl die rot-grüne Bundesregierung, als auch die Große Koalition den reichsten der Reichen Jahr für Jahr schenkt, ist die Empörung über zu hohe Managergehälter mindestens ein Ablenkungsmanöver, wenn nicht grobe Irreführung. Eben so wenig, wie man die Mafia dulden, aber die aufwendige Lebensführung ihrer Bosse kritisieren kann, kann die Politik staatliche Reichtumspflege betreiben und gleichzeitig kritisieren, dass die Konzernspitzen davon etwas abbekommen.

Harald Werner 10. Dezember 2007

 


[1] STERN Nr: 42 vom 11.10.2007

[2] Geschäftsbericht der Deutschen Bank für 2006, 1.12.2007

[3] Nach Angaben des Geschäftsberichts beträgt das „Grundgehalt“ von Ackermann 1.150.000 Euro, während die „erfolgsbezogene Komponente“ 8.134.813 Euro beträgt.

[4] Memorandum 2007, Köln 2007, S.111 f.


[angelegt/ aktualisiert am  10.12.2007]